Es war einmal eine junge Frau, deren Potential von einer unerklärlichen Angst überschattet war. Die Vorstellung, vor einem Publikum ab 3 Personen zu sprechen und der Bewertung durch andere ausgesetzt zu sein, verursachte tiefe Unruhe. Zuletzt erreichte diese Angst ihren Höhepunkt und manifestierte sich in quälenden körperlichen Symptomen. Erbrechen, Zittern wie Espenlaub, Stottern bis zur Unverständlichkeit und nicht selten ein Ohnmachtsanfall an Ort und Stelle.
Diese Alarmsignale machten ihr bewusst, dass sie diese Angst nicht länger ignorieren konnte.
Tief in ihrem Inneren hegte sie schon so lange den Wunsch, vor Publikum zu sprechen, selbst wenn dieser auf den ersten Blick unerreichbar schien. Seit Jahren träumte sie davon, die Rednerbühnen zu besteigen, um ihre Gedanken mit anderen zu teilen.
Irgendwann war der Leidensdruck über den Verzicht so stark, dass sie entschied die Angst zu überwinden, die sie so lange zurückgehalten hatte. Koste es was es wolle. So überwand sie sich zu einem Schnupperabend bei den Toastmasters International, einem Rhetorikclub in Luzern.
Vor dem ersten Treffen übergab sie sich 2x und stand knapp 3 Stunden zitternd und gelähmt neben sich.
Entgegen der Abmachung wurde sie im Verlauf des Abends überraschend aufgefordert, eine Stegreifrede zu halten. Eigentlich hatte sie geplant, im Hintergrund zu bleiben, als stiller Beobachter. Doch irgendein Impuls in ihr sagte: "Du machst das jetzt!"
Als sie vor der Gruppe stand, überkam sie ein fremdes Gefühl der Ruhe. Die Angst schien sich zu verflüchtigen. Sie sprach als hätte sie nie etwas anderes gemacht, über ein Thema, welches ihr erst 30 Sekunden zuvor zugeteilt wurde.
Jeder Toastmasters Abend wird mit einer Auszeichnung für die «Beste Rede des Abends» abgeschlossen. Die Jury bestand aus den knapp 20 Zuhörern.
Die Stegreifrede der jungen Frau bestand. Sie holte unter Applaus und mit Tränen in den Augen ihre Auszeichnung beim Präsidenten ab.
Diese junge Frau...bin ich. ✌️

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